Institut für Betrachtung
Philipp Höning
Mit dem Holzhammer (Hammer Museum L.A., 2017)
Vergiss alles, was du weißt. dann,
Cy Twombly, Untitled (roses)
Ungegenständliche Formensprache, Peter Halley lässt eine
Ahnung von Abstraktion zu, lässt den Blick seinen
Linien folgen, führt den Betrachter aber ins sichere
Verderben von Strukturpaste auf Leinwand. Jeder Versuch,
einen Zugang zu finden, implodiert sofort in der Oberflächlichkeit des Strukturpastenwahns. Ungegenständliche Malerei, ich weiß es nicht, von höchster Qualität vielleicht, endgültig verdichtete, nie gesehene Präzision in der Abgrenzung der Farbflächen zueinander, wahrscheinlich von x Assistenten hergestellt, bricht an einer Rauhfasertapeten-Sehbeleidigung zusammen. Ein Schwarzes Loch, eine kurze Ahnung von Malewitsch, dann aber wirklich Rauhfasertapete.
Die Bilder schreien nach Jahrzehnten noch unverändert laut: Ich will dich hier nicht haben, verpiss dich aus meinem Atelier. Kunst, die jeder Grabscherei den Rücken kehrt, die Sinnlichkeit als Erstzugang proklamiert, jedem kulinarischen Wichsgriffel ein einfaches Mögen verunmöglicht, gegen jeden Kunstmarktzugang, gegen jede didaktische Dimension.
Es wird Ware, wie jedes Kunstwerk irgendwann entweder Ware oder Müll ist, aber es bleibt unantastbar.
Wie eine angedeutete aber nicht ganz ausgesprochene Verschwörungstheorie, die um zustimmendes Nicken, vorgespieltes Interesse winselt. „Du weißt schon, die Rotmarder...“. Ruff ist nicht dumm. Ein Bild ist ein Bild, und an diesem Punkt wird es dann noch viel schlimmer.
falschen,
Man muss es mal wirklich [...]:
Ein Millionär (der Ruff vielleicht ist) aus der Wohlstandsmitte der westlichen Welt stellt ein Bild vom 11.9.2001 aus und sagt: Ein Bild ist nur ein Bild. Diese Tatbestandsaufnahme allein kann einen schon um den Verstand bringen.
Es reicht nicht aus, in einer barbarischen Welt naiv zu sein. Es ist dumm und falsch. Falsch, weil diese Wiederholung von Barbarei die Komplexität der Prozesse hinter den Bildern zusammenbrechen lässt, unter dem Vorwand, es würde ausreichen, auf die Unschuldigkeit von Bildern zu plädieren. Und hinten rum kassiert es doch noch die FAZ-Terrornarrative zwischen den Bildern als Eintrittskarte ins Feuilleton mit ein. Dumm, weil es eine ungewollte Parteinahme bedeutet. Weil man mit seiner Interesselosigkeit den politischen Interessen gegenüber, die immer hinter diesen Bildern lauern, einen Blankoscheck ausstellt. Schließlich fallen diese Bilder nicht in einen ideologiefreien Raum, sondern in eine primitive Lesart hinein, die der Künstler in der Gesellschaft vorfindet, er fügt ihr nichts hinzu, stellt ihr kein Bein, er schwingt auf ihrer Frequenz mit.
Das ist genau das, was bei Ruff passiert. Er zeigt, wie Bilder Komplexität vernichten, vernichtet durch seine Form des Bildes auf Alu Dibond weiter Komplexität und erzählt diese Story auf genau dieser Ebene aus. Und dass genau diese Vernichtung von Komplexität analog läuft zum Prozess, der das Bild zur Ware gemacht hat, sagt eigentlich schon sehr viel über den Markt aus, den er damit bedient.
Wahr, Falsch, Dumm. Dünnes Eis, über schlechte Kunst kann man viel sagen, aber, und jetzt tut es weh, die ganze Schreiberei, es war umsonst. Man lernt wirklich nichts aus schlechter Kunst, man lernt absolut nichts daraus. Es ist reine Zeitverschwendung. Man weiß, was daran schlecht ist, wusste es schon vorher und jetzt sieht man es halt mal, das Falsche springt einen an und gut, man hat drüber nachgedacht und es zerschellt halt an den eigenen Wertvorstellungen, die vielleicht auch falsch sind. Falsch, weil eindimensional.
Das könnte Ruff sich mal vom Damm bis zum Schaft eintätowieren lassen.
Und dann doch Oehlen, zusammengeschossene, kaputte Formensprache von 2008. Das gleißende Licht der Nullerjahredunkelheit, wie Rainald Goetz es mal perfekt ausgedrückt hat. Die Bilder blenden, aber nicht so, wie eine Explosion über dem Präsidentenpalast, eher wie ein nächtlicher Computerbildschirm. Mattweiß. Oehlen trägt die ganze Substanz unserer vergreisten Kultur auf, lose Pixelfäden und jäh abbrechende Verläufe. Das Prekäre wird anerzählt, wie bei Twombly, der Zusammenbruch im Moment des Zusammenbruchs, nicht danach. Ewig in die Länge gezogene Trauerprozesse über Licht und Schatten, Tiefen, die ihre Bedeutung verloren haben, Trauerprozesse, die bis jetzt andauern. Das in der Leinwand verriebene 2008er-Subjekt fällt permanent auseinander und spuckt dem Betrachter zornig ins Gesicht. Oehlen ist der Zeuge, den Ruff in seinen Bildern aufruft.
Oehlenbilder, die Ruff-Bilder kaufen, eine gute Vorstellung, Versöhnung ist möglich.